Impressionistische Lyrik

Die Gedichte von Rainer Maria Rilke

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   Den Blick in deine Sterne      Der Panther      Einsamkeit      Menschen bei Nacht      Rainer-Maria Rilke      Was wirst du tun, Gott, wenn ich sterbe?   


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Eines lass mich behalten, den Blick in deine Sterne,
dass ich das Hände falten nicht ganz verlerne.
Wenn ich dich nicht sehe, mach mein Vertrauen gross,
wenn ich dich manchmal so gar nicht verstehe
lass du mich, bittschön mein Gott, nicht los!
Des Lebens und des Leidens Wellen
schlagen immer höher heran;
wie sollte der Mensch das ertragen,
wenn er nicht mehr glauben, nicht mehr beten kann?
Drum eines lass mich behalten, den Blick in deine Sterne,
dass ich das Hoffen und Staunen und Händefalten
nicht ganz verlerne





Sein Blick ist vom Vorübergeh´n der Stäbe
So müd geworden, dass er nichts mehr hält;
ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal zieht der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf, dann geht ein Bild hinein;
geht durch der Glieder angespannte Stille
und hört im Herzen auf zu sein.




Was wirst du tun, Gott, wenn ich sterbe?
Ich bin dein Krug (wenn ich zerscherbe?)
Ich bin dein Trank (wenn ich verderbe?)

Bin dein Gewand und dein Gewerbe,
mit mir verlierst du deinen Sinn.

Nach mir hast du kein Haus, darin
dich Worte, nah und warm, begrüßen.
Es fällt von deinen müden Füßen
die Samtsandale, die ich bin.

Dein großer Mantel lässt dich los.
Dein Blick, den ich mit meiner Wange
warm, wie mit einem Pfühl, empfange,
wird kommen, wird mich suchen, lange -
und legt beim Sonnenuntergange
sich fremden Steinen in den Schoß.

Was wirst du tun, Gott? Ich bin bange.





Die Einsamkeit ist wie ein Regen.
Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen;
von Ebenen, die fern sind und entlegen,
geht sie zum Himmel, der sie immer hat.
Und erst vom Himmel fällt sie auf die Stadt.

Regnet hernieder in den Zwitterstunden,
wenn sich nach Morgen wenden alle Gassen
und wenn die Leiber, welche nichts gefunden,
enttäuscht und traurig von einander lassen;
und wenn die Menschen, die einander hassen,
in einem Bett zusammen schlafen müssen:

dann geht die Einsamkeit mit den Flüssen...





Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht.
Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht,
und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.
Und machst du nachts deine Stube licht,
um Menschen zu schauen ins Angesicht,
so musst du bedenken: wem.

Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt,
das von ihren Gesichtern träuft,
und haben sie nachts sich zusammengesellt,
so schaust du eine wankende Welt
durcheinandergehäuft.
Auf ihren Stirnen hat gelber Schein
alle Gedanken verdrängt,
in ihren Blicken flackert der Wein,
an ihren Händen hängt
die schwere Gebärde, mit der sie sich
bei ihren Gesprächen verstehn;
und dabei sagen sie: Ich und Ich
und meinen: Irgendwen.